Christliches Wort zum Volkstrauertag: „Wer trauert und gedenkt, der bleibt nicht gleichgültig“

Liebe Leser und Leserinnen,
unser Leben ist wie in einem großen Bogen ausgespannt zwischen Anfang und Ende, Geburt und Tod. Daran werden wir gerade im Monat November – dem Totenmonat, besonders erinnert. An diesem Wochenende begehen wir auch den Volkstrauertag und wir erinnern uns daran, dass wir Menschen zu oft diejenigen sind, die diese Welt aufs Spiel setzen und zerstören. Nicht vor Gott müssen wir Angst haben, dass er diese Welt zu einem Ende bringt, sondern den Menschen müssen wir fürchten. „Soll die zivilisierte Welt zu einem Leichenfeld werden? Und wird das blühende und ruhmreiche Europa, wie von einer allgemeinen Torheit überwältigt, dem Abgrund zustreben und die Hand gegen sich selbst wenden zum Selbstmord?“ ?“ So appellierte Papst Benedikt XV. im August 1917, an das Gewissen der Kriegsparteien des Ersten Weltkriegs.
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Monsignore Harald Heinrich.
Foto: Berthold Veh (Archivbild)
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Monsignore Harald Heinrich.
Foto: Berthold Veh (Archivbild)
An Ideen zur Überwindung des Krieges mangelte es auch damals schon nicht. Benedikt XV. sagt in seiner Friedensnote, „dass an die Stelle der physischen Gewalt die moralische Macht des Rechtes“ treten muss. Wir sind als Menschheit eine Familie, wir alle teilen die gleiche Würde. Am Volkstrauertag trauern wir um die Menschen, die die Folgen der Entzweiung und des Unfriedens, von Ideologien und Verfolgungen zu tragen hatten und haben. Der Volkstrauertag ist etwas Eigenartiges: Wenn ein uns naher Mensch stirbt, gilt es, die Trauer auszuhalten. Dann kommt ein Prozess in Gang, in dem die Trauer nach und nach abnimmt.
Wir schließen die Trauer nicht ab
Der Volkstrauertag als institutionelles Gedenken will dagegen etwas anderes. Wir schließen die Trauer nicht ab, wir haben sie uns verordnet. Jährlich trauern wir als Bürger der Bundesrepublik Deutschland einen Tag. Dennoch erinnern wir heute nicht nur, wir trauern – immer noch. Die Toten sind keine zufälligen oder unvermeidbaren Opfer, keine Betroffenen von Unfällen oder Naturkatastrophen, keine sogenannten Kollateralschäden. Ursachen für Ihre Tode waren und sind der menschliche Unwille und die menschliche Unfähigkeit zum Frieden. Wir trauern, weil offene Lücken bleiben: Menschen fehlen und damit ihre Kinder und Kindeskinder.
Last der Geschichte „lässt die aufrechte Haltung für einen Moment vergessen“
Das Gedenken am Volkstrauertag und gerade auch das Verneigen bei den Kranzniederlegungen sind ein Zeichen der Demut, „Wir haben verstanden“ und „Nie wieder.“ Die Last der Geschichte lässt die aufrechte Haltung für einen Moment vergessen. Wer trauert und gedenkt, der bleibt nicht gleichgültig. Wer Schuld und Verlust anerkennt und wer die Erinnerung daran wachhält, den kann das Heute nicht kalt lassen. Deshalb ist es so wichtig, dass wir uns erinnern und nicht vergessen.
Ihr Stadtpfarrer Harald Heinrich, Pfarreiengemeinschaft Dillingen
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89407 Dillingen
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Volkstrauertag
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Papst Benedikt
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