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Camp Nou: Barcelonas Schmuckstück soll zur Festung werden


analyse

Stand: 08.12.2025 13:52 Uhr

Es ist eine Rückkehr voller Hindernisse und Verschiebungen gewesen: Doch nun kann der FC Barcelona im Champions-League-Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt (Dienstag ab 21 Uhr im Audio-Livestream und im Ticker) nach mehr als zweijähriger Umbauzeit auch für internationale Partien wieder im Camp Nou antreten. Ein Meilenstein für den katalanischen Renommierklub.

Dass der Stadionbesuch in Spanien anderen Mustern folgt als in Deutschland, war erst kürzlich wieder beim Nations-League-Finale der Frauen zwischen Spanien und Deutschland (3:0) zu bestaunen. Gefühlt war das Estadio Metropolitano unweit des Flughafens in Madrid rund zehn Minuten vor Anpfiff noch halbleer, selbst beim Abspielen der Nationalhymne waren Riesenlücken auf den Rängen zu erspähen. Doch letztlich kamen mehr als 55.000 Menschen, von denen viele erst kurz vor Anpfiff rasch durch die Eingangskontrollen huschten.

Das wird beim Champions-League-Spiel Barcelona gegen Frankfurt indes kaum klappen. Der Gastgeber hat schon mal mitgeteilt, dass extreme Personenkontrollen vorgesehen seien. Konkret könnten Namens- und Gesichtskontrollen anhand des Abgleichs mit einem identifizierenden Ausweis vor Betreten des Camp Nou stattfinden, “um jegliche Anzeichen für illegalen Ticketerwerb auszuschließen”.  

Barcelona kündigt extreme Personenkontrollen an

Weil die Umbauarbeiten längst noch nicht abgeschlossen sind, liegt das Fassungsvermögen der legendären Spielstätte nur bei 45.401 Plätzen. Der gesamte dritte Rang ist noch im Bau, das Dach fehlt, Baukräne prägen die Kulisse. Es ist das erste internationale Spiel in dem teilrenovierten Fußball-Tempel mit dem Kultstatus. Zugang in die Heimbereiche gibt es nur über die eigene Mitglieder-App, wo auch der digitale Mitgliederausweis abgespeichert ist.  

“Ausnahmsweise gilt für dieses Spiel, dass die Tickets nicht übertragbar sind; daher sind alle vorgenommenen Übertragungen ungültig”, teilte der Klub mit und rief dazu auf: “Wir wollen unser Stadion zu einer Festung der eigenen Fans machen.” Zumal Barcelona nach der klaren Niederlage in der Königsklasse am fünften Spieltag der Liga-Phase beim FC Chelsea (0:3) auch unter Druck steht. Sieben Zähler sind eine ausbaufähige Bilanz.

Die Invasion durch Frankfurter Fans 2022 wirkt nach

Die Vorsichtsmaßnahmen beim Ticketing haben natürlich einen Hintergrund: Am 14. April 2022 hatte eben der Anhang von Eintracht Frankfurt die traditionsreiche Spielstätte mit mehr als 30.000 Fans geflutet. Über alle möglichen Kanäle hatten sich die Adlerträger mit Karten für das Rückspiel im Europa-League-Viertelfinale eingedeckt. Alle bei den Katalanen unterschätzten die Gefahr vor der hessischen Übermacht auf den Rängen, die sich auf den Rasen übertragen sollte.

Frankfurter Fans beim Euzropa-League-Viertelfinale im April 2022

Nach einem 1:1 im Hinspiel schien schließlich die Grundlage fürs Weiterkommen in einem Wettbewerb gelegt, der ohnehin nicht die höchste Priorität genoss. Mit der besonderen Unterstützung bejubelte die Eintracht einen sensationellen 3:2-Auswärtssieg.

Wegen des ganz in Weiß gekleideten Anhangs war die Eintracht zur “Bestia Blanca”, zur weißen Bestie geworden. Und entsprechend groß die Vorwürfe, die sogar Xavi Hernandez als damaliger Barça-Trainer an die eigenen Bosse richtete. “Das ist ein Planungsfehler. Die Mannschaft will auch wissen, was passiert ist. Wir wollen eine Erklärung”

Fassungsvermögen soll am Ende bei 105.000 liegen

Jetzt will man vorsorgen.  “Diese Entscheidung wurde getroffen, um die Sicherheit der Barça-Fans zu gewährleisten und eine Wiederholung der Situation vom April 2022 zu verhindern”, schrieb der Klub, der die Rückkehr ins Camp Nou eigentlich viel früher geplant hatte. Erst am 22. November feierte die Mannschaft von Trainer Hansi Flick mit einem 4:0 gegen Athletic Bilbao die Wiedereröffnung im Liga-Alltag.

Bis Ende des Jahres könnte es eine Eröffnungsphase “1C” geben, bei der 60.000 Besucher zugelassen sind. Endgültig sollen dann in zwei oder drei Jahren – der genaue Termin ist wegen der komplizierten Dacharbeiten ungewiss – endlich die avisierten 105.000 Zuschauer in einem der modernsten Stadien der Welt Platz finden. Vom “Camp Wow” ist die Rede. In Wahrheit hat sich Spotify bereits als Namensgeber eingekauft.

Lionel Messi war schon auf der Baustelle

Das Olympiastadion auf dem Stadtberg Montjuic als Ausweichquartier diente zwar als schönes Fotomotiv, doch die veraltete Infrastruktur, die schlechte öffentliche Anbindung war vielen Barca-Fans ein Ärgernis. Und warum bitte hat ausgerechnet Lionel Messi diesem mystischen Ort vor knapp einem Monat einen nächtlichen Besuch abgestattet? Die Klubikone war von Sicherheitskräften hereingelassen worden, um sich auf der Baustelle umzuschauen. “Letzte Nacht bin ich an einen Ort zurückgekehrt, den ich von ganzem Herzen vermisse”, schrieb der Weltstar.

Aus seiner aktiven Zeit bei Barcelona stammen die finanziellen Exzesse, die den Klub bis heute wirtschaftlich schwer belasten. So nutzte Erzrivale Real Madrid geschickt die Corona-Phase, um das Estadio Bernabeu umfassend umzubauen. Der aufwändig renovierte Schmucktempel der “Königlichen” mitten im Stadtzentrum bietet heute bereits allen Luxus.

Drei erstklassige Tempel für die WM 2030

Ganz ähnliche Vorzüge genießt auch Atletico Madrid mit dem mehr als 70.000 Plätze bietenden Metropolitano, das von der UEFA für das Champions-League-Finale 2027 als Austragungsort ausgewählt wurde. Mit den prachtvollen Arenen in Madrid und bald Barcelona hat Spanien die Voraussetzung geschaffen, für die gemeinsam mit Portugal und Marokko ausgerichtete WM 2030 als Schauplatz wichtiger Paarungen berücksichtigt zu werden.

Parallel können auch Ticketeinnahmen erzielt werden, von denen selbst Bundesligisten wie Bayern München und Borussia Dortmund träumen. In Barcelona kostete selbst gegen Bilbao das billigste Ticket im Vorfeld 199 Euro. Mittelfristig plant der Verein wie Real Madrid mit Einnahmen von 350 und 400 Millionen Euro nur über den Zuschauersektor.

Vielleicht kommt noch mehr dazu, wenn auch der Frauenfußball noch häufiger die Massen lockt. Real Madrid trägt allerdings am fünften Spieltag der Women’s Champions League sein Heimspiel gegen den VfL Wolfsburg wieder im Estadio Alfredo Di Stéfano aus (Dienstag 21 Uhr), auch Atletico Madrid bleibt gegen den FC Bayern auf dem eigenen Trainingsgelände (Mittwoch 21 Uhr). Die Tür zu den großen Stadien bleibt (noch) verschlossen, obwohl es zuletzt so gut geklappt hat, gegen Giulia Gwinn, Klara Bühl und Co. eine große Kulisse ins Metropolitano zu locken.

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